
03 Apr B.E.N testet den Peugeot e-2008
“Ein veganer Löwe” schoss es mir spontan durch den Kopf, als ich die Einladung für die Präsentation des Peugeot e-2008 aus den Hallen des Herstellers mit dem majestätischen Raubtier als Marken-Insignie in der Mailbox fand. Zwar hat Peugeot schon ein paar mehr oder weniger glücklose Versuche in Sachen E-Mobilität gestartet, mit dem e-2008 bzw. e-208 zeigen die Franzosen aber erstmals richtig Zähne. Ob dieser Kompakt-SUV ganz ohne Verbrenner-Zutaten dennoch mundet, galt es also zu erkunden.
Peugeot hatte eine große Flotte des neuen 2008 mit nach Südfrankreich für die Pressevertreter gebracht. Und auch die elektrische Variante stand für Testfahrten zur Verfügung. Optisch unterscheidet sich der Stromer nur in kleinen Details von seinen Verbrenner-Brüdern. Da der mit 4,30 m Außenlänge eher kompakte Gallier insgesamt sehr gefällig sowohl im Außen- als auch im Innendesign gestaltet ist, nimmt man dies als traditioneller Autofahrer wohlwollend zur Kenntnis. Nichts schreit ich bin ein Elektroauto. Nichts lässt vermuten, es handele sich um eine Verzichtserklärung in Sachen Automobil.
Erst einmal auf dem Fahrersitz Platz genommen bestätigt sich dieser erste Eindruck. Sitzposition, Platzverhältnisse und die gesamte Ergonomie sind identisch mit den Diesel- und Benziner-Varianten. Sowohl als eingefleischter Peugeot-Enthusiast als auch als Neueinsteiger findet man sich schnell zurecht. Alles sitzt am richtigen Platz, alles lässt sich intuitiv bedienen und die verbauten Displays lassen sich gut ablesen. Lediglich die Vielzahl der Bedienelemente wirkt auf den ersten Blick etwas überladen. Der geneigte Tesla Model 3 fahrer würde wohl eine lange Umgewöhnungs-Phase durchleben.
Der positive Eindruck verstärkt sich noch, wenn man den Stromer in Bewegung setzt. Leise surrend wird das kompakte SUV vom drehmomentstarken E-Motor mit einer Leistung von 136 kW mit Nachdruck angeschoben und kann von der ersten Sekunde überzeugen. Das Drehmoment von 300 Nm ist ein Pfund und verleiht dem e-2008 durchaus sportliche Züge. Lediglich beim Anfahren fehlt ein wenig der Pepp. Da war Peugeot nach meinem Geschmack etwas zu konservativ was die spontane Leistungsabgabe aus dem Stand betrifft. Sehr ausgewogen präsentiert sich das Fahrverhalten. Hier haben die Ingenieure einen gelungen Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit gezaubert.
Von den Eigenschaften bei höheren Geschwindigkeiten, wie man sie auf deutschen Autobahnen regelmäßig fährt, konnten ich mir allerdings kein Bild machen. Die vorgegebene Strecke führte über kurvige Landstraßen und verhinderte High-Speed-Abschnitte. Die Frage, ob die für diese Fahrzeugklasse sehr gute Geräuschdämmung auch bei hohen Geschwindigkeiten nur das leichte Surren des E-Antriebs an das empfindliche Ohr des geneigten Testers dringen lässt, muss ein anderes Mal beantwortet werden.
Die Frage nach der Verarbeitungsqualität wurde hingegen ob des schlechten Geläufs der Teststrecke unverzüglich geklärt. Hier punktete der Testwagen neben der guten Akustik erneut. Alles wirkt solide verarbeitet, nichts klappert, nichts hat Luft. Auch die Materialanmutung im Innenraum gibt keinen Grund für Mäkelei. Dazu passt auch die gute Sitzposition und die ausreichenden Verstellmöglichkeiten von Sitz und Lenkrad. Einzig die Sitzauflagefläche könnte für Langbeiner stärker geneigt sein bzw. stünde den Sitzen eine herausziehbare Sitzauflage gut zu Gesicht.
Bei den Platzverhältnissen gibt es in dieser Fahrzeugklasse nicht unübliche Einschränkungen. Sitzt auf dem Vordersitz ein großer Fahrer, wird es auf der Rückbank etwas eng. Dennoch kann man auch mit vier Erwachsenen ab und an eine längere Strecke absolvieren, wenn ein wenig Rücksicht genommen wird. Der Kofferraum ist mit 405/434 L klassenüblich, eine vierköpfige Familie könnte da jedoch auf Urlaubsfahrten schon an Grenzen stoßen.
Apropos Langstrecke: Trotz des mit 50 kWh eher knapp bemessenen Akkus, sorgt die vergleichsweise hohe maximale Ladeleistung von bis zu 100 kW für Frohlocken. In 30 Minuten pumpt der e-2008 80 Prozent oder 40 kWh in den Akku, was wohl im Normalfall für weitere knapp 200 Kilometer reichen sollte. Die WLTP-Reichweite wird mit 320 Kilometern vom Hersteller angegeben, was für die Mehrzahl der Kaufinteressenten ins Anforderungsprofil passen sollte. In Sachen Effizienz bleiben noch Fragen offen, da der Verbrauch auf der kurzen Testfahrt nicht sinnhaft beurteilbar war und es sich außerdem um ein Vorserien-Modell handelte. Sollte sich der e-2008 auf dem Niveau eines Kia e-Niro bzw. Hyundai Kona Elektro bewegen, dann könnte dieses Auto durchaus ein großes Stück vom noch überschaubaren Elektro-Kuchen in Deutschland verspeisen.
Denn obwohl auch Peugeot dem Beispiel anderer Hersteller folgt und bei seinem Elektro-SUV im Vergleich zu den Verbrenner-Varianten mit schmerzhaften Aufschlägen in Sachen Preisliste daher kommt, liegt man mit Preisen zwischen 35.250 Euro für die Active-Ausstattung bis zu 41.950 Euro für die von mir getestete GT-Ausstattung im marktüblichen Rahmen. Zieht man die hoffentlich bald bei 6.000 Euro liegende Umweltprämie vom Kaufpreis ab, dann startet das elektrische Vergnügen bei unter 30.000 Euro.
Mein Fazit: Gut gebrüllt für einen “veganen” Löwen. Bleibt nur zu hoffen, dass Peugeot das Fahrzeug auch wirklich ab April 2020 in ausreichenden Stückzahlen liefern kann und der e-2008 bezüglich Reichweite und Ladeleistung die Prospektangaben erreicht.
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